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Auch wenn man nicht krank ist, wird ein Besuch beim Arzt in Frankreich immer zum Erlebnis. In meinem Fall war es angezeigt, den INR-Wert bestimmen zu lassen. Wegen meines Herzinfarkrs und seinen Folgen soll ich blutgerinnungshemmende Substanzen zu mir nehmen. Diese mussen aber in der richtigen Dosis genommen werden: zu wenig helfen sie nicht, zu stark drohen innere Verblutungen. Marcumar heißt dieses Zeug. Die Grundsubstanz Cumarin habe ich damals in der Drogerie als Rattengift verkauft. Es war sehr wirksam. Die Ratten haben nicht gewusst, warum ihre Artgenossen plötzlich tot waren.

Ich habe also den Arzt aufgesucht. Einige Vokabeln und was man so sagen muss, hab ich mir auf Französisch zurecht gelegt. Zunächst betrat ich den Salle d’Attende, das war der Warteraum in der Art, wie man ihn von Bahnhöfen kennt. Geschätzte 15 qm groß, neun Stühle, die Tür geht direkt nach draußen und steht weit auf. Draußen haben wir ca. 25 ° im Schatten. Patienten, die drinnen keinen Platz mehr finden oder eben eine rauchen müssen, stehen oder sitzen draußen auf dem Platz.

Ich bin im Warteraum der vierte Patient. Es ist halb fünf und um fünf beginnt die Sprechstunde. Jeder neu Hinzukommende fragt, wer der letzte Patient ist: aha, die Dame mit dem Geblümten - danach ist er bzw. sie also dran. Bis dahin ist es noch viel Zeit. Auf dem kleien Tisch in der Mitte liegen jede Menge Yeischriften. Sehr bunt -viele Bilder - Typ “Gala”. Als ich in dieser “Gala” blättere, stoße ich auf den Bericht eines Ereignisses im Juni. Hoppla, denk ich, sind die Berichte über Brad, Boris, Angelina ,und wie sie alle heißen, aber aktuell. Das waren sie auch vor ein oder zwei Jahren. Dann wunderte ich mich nicht mehr, warum so wenig Patienten darin lesen wollten. Für die häufigen Arztbesucher waren die schönen Zeitschriften “olle Kamellen”.

Um fünf kommt der Arzt ziemlich pünktlich. Er benutzt die zweite Tür, die direkt von draußen in seinen Behandlungsraum führt. Nur kurz danach öffnet er die Doppeltür zum Behandlungszimmer und bittet den ersten Patienten herein. Ein kurzer Blick in die Runde gibt ihm einen Eindruck, was auf ihn zukommen wird.

 

Wie gesagt, ich bin in Reihenfolge der vierte Patient. Wenn ich schließlich so viertel vor sieben Uhr aufgerufen werde, kann man sich ausrechnen, dass für jeden Patienten eine gute halbe Stunde Zeit genommen wird. Der Arzt hat die Ruhe weg und die Patienten auch. Die Sprechstunde dauert von 17 bis 19 Uhr, aber ich schätze, dass er vor neun bzw. zehn Uhr nicht fertig sein wird.

Ich stelle mich vor und der Arzt sagt “Guten Tag, was führt Sie zu mir?”. Wie ich später lese, hat er in Straßburg studiert und dort auch ein wenig Deutsch gelernt.

Kurz und gut, er gibt mir ein Rezept für das Labor in Moriani. Und je nach dem Ergebnis dort wird er mir bei einem weiteren “Rendez-vouz” (so heißt der Arzttermin tatsächlich!) sagen, mit welcher Dosis an “Rattengifr” ich mein Blut geschneidig halten soll. Dreiundzwanzig Euro bezahle ich in bar und bekomme die Rechnung von ihm “für Ihre Krankenkasse”.

Von der “Katzen-Katrin” auf Tropica höre danach, dass Sie auch bei diesem Arzt in Behandlung ist, auch regelmäßig nach Moriani ins Labor fährt, aber von diesem Arzt ein anderes Medikament verschrieben bekommt, das nicht so aggressiv ist. Ich werde ihn fragen, ob es auch in Deutschland erhältlich ist.

Was ich nicht gesehen habe: Eine Anmeldung mit Sprechstundenhilfen, einen Arzt in weißem Kittel und Stetoskop . . Was aber wohl unbedingt im Arztzimmer zu finden ist: ein großer Schreibtisch, dahinter er, davor der Patient. Wie gesagt: im Arztzimmer bzw. im Behandlungsraum. Bei Hausbesuchen wird der Arzt den Schreibtisch ja wohl nicht mit sich herumschleppen, oder?

 

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